Das Konzept der Inklusion geht davon aus, gleiche Voraussetzungen für Menschen und/oder Gruppen zu schaffen, die auf Grund verschiedener Faktoren einen erschwerten Zugang zu Angeboten und Möglichkeiten der Mehrheitsgesellschaft haben bzw. davon gänzlich ausgeschlossen sind. Die Schaffung von Chancengleichheit beruht hierbei auf dem Grundsatz der Förderung von Diversität und Vielfalt und nicht etwa der Gleichmachung.

Auf das Programm Erasmus+ übertragen, heißt das, die Bildungs- und Mobilitätschancen jener jungen Menschen zu erhöhen, die gegenüber ihren gleichaltrigen Peers auf unterschiedliche Weise benachteiligt sind (sei es sozial, gesundheitlich, ökonomisch, kulturell, bildungsmäßig oder geographisch). Die Mobilität dieser Zielgruppe zu erhöhen, interkulturelle Austauschmöglichkeiten zu schaffen, non-formale Methoden in der Jugendarbeit hinsichtlich der Arbeit mit benachteiligten Gruppen zu fördern oder einfach das Selbstverständnis einzelner Personen und Gruppen zu stärken, sind ganz konkrete Ziele des Programmes Erasmus+ Jugend in Aktion.

Als  Nationalagentur für das Programm Erasmus+ Jugend in Aktion in Österreich wollen wir uns dafür einsetzen, dass jungen Menschen mit erhöhtem Förderbedarf die gleichen Chancen erhalten wie ihre Peers. Zudem wollen wir Bewusstsein schaffen, informieren, vernetzen und qualifizieren durch Öffentlichkeitsarbeit, Veranstaltungen und Trainingsangebote.

Junge Menschen mit geringeren Chancen

Inklusions- und Diversitätsprojekte sollen sich positiv auf die Lebensumstände junger Menschen mit geringeren Chancen auswirken. Betroffen sind Jugendliche, die im Vergleich zu Gleichaltrigen im Nachteil sind, da sie mit einem oder mehreren der untenstehenden Ausgrenzungsfaktoren und Hindernissen konfrontiert sind.

Folgende Situationen hindern vielfach junge Menschen an der Teilhabe am Arbeitsleben, an formaler und nicht formaler Bildung, an grenzüberschreitender Mobilität, demokratischen Prozessen und der Einbeziehung in die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit:

• Behinderung (d.h. Teilnehmende mit erhöhtem Förderbedarf/besonderen Bedürfnissen): Beeinträchtigung der Teilhabe junger Menschen mit geistigen (intellektuellen, kognitiven oder lernbezogenen), körperlichen, sensorischen oder sonstigen Behinderungen usw.
• Gesundheitsprobleme: junge Menschen mit chronischen Gesundheitsproblemen, schweren Erkrankungen oder psychiatrischen Auffälligkeiten usw.
• Bildungsbezogene Schwierigkeiten: junge Menschen mit Lernschwierigkeiten, Schulabbrecher*innen, Personen mit geringerer Qualifikation, junge Menschen mit schlechten schulischen Leistungen usw.
• Kulturelle Unterschiede: junge Migranten und Migrantinnen oder Flüchtlinge oder Nachkommen von Migranten- oder Flüchtlingsfamilien, junge Angehörige einer nationalen oder ethnischen Minderheit, junge Menschen mit Problemen bei der sprachlichen Anpassung und der kulturellen Integration usw.
• Wirtschaftliche Hindernisse: junge Menschen mit niedrigem Lebensstandard, geringem Einkommen, junge Menschen, die von Sozialleistungen abhängig oder lange arbeitslos sind oder in Armut leben, obdachlose oder verschuldete junge Menschen oder junge Menschen mit sonstigen finanziellen Problemen.
• Soziale Hindernisse: junge Menschen, die wegen ihres Geschlechts oder Alters, ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Religion oder sexuellen Orientierung, einer Behinderung o.ä. diskriminiert werden, junge Menschen mit beschränkten sozialen Fähigkeiten oder mit unsozialem oder gefährlichem Verhalten, junge Menschen in einer prekären Situation, (ehemalige) Straftäter*innen, (ehemalige) Drogenabhängige oder Alkoholiker*innen, junge und/oder alleinerziehende Eltern, Waisen usw.
• Geographische Hindernisse: junge Menschen aus abgelegenen oder ländlichen Regionen, auf kleinen Inseln oder in Randgebieten lebende junge Menschen, junge Menschen aus sozialen Brennpunkten oder strukturschwachen Gebieten (unzulängliches öffentliches Verkehrswesen, unzureichende Versorgungs-einrichtungen) usw.

Diese Definition legt ihren Schwerpunkt bewusst auf die jeweiligen Lebensbedingungen der jungen Menschen, Stigmatisierung und Schuldzuweisung sollen damit ausgeschlossen werden. Die Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, vermittelt aber eine Vorstellung der Art von Ausgrenzungssituationen, von denen in der Inklusions- und Diversitätsstrategie die Rede ist.

Unten aufgelistet finden sich einige Kriterien, die zur erfolgreichen Umsetzung von Projekten zur Förderung von Inklusion und Diversität im Rahmen von Erasmus+: Jugend in Aktion beitragen können. Diese Kriterien werden im Anhang I der Inklusions- und Diversitätsstrategie der Europäischen Kommission definiert und genauer erläutert.

• Information und Unterstützung:

Jugendorganisationen und andere Stakeholder sollen diverse Zielgruppen abholen, wo sie stehen, informieren sowie Hindernisse abbauen, die es Jugendlichen mit geringeren Chancen erschweren an Projekten teilzuhaben.

• Aktive Teilhabe ermöglichen:

Ein Jugendprojekt soll nicht nur für Jugendliche gestaltet werden, sondern diese aktiv in die Vorbereitung und Umsetzung einbinden. Somit werden nicht nur die aktive Teilhabe und das Engagement der Jugendlichen erhöht, sondern auch ihre individuellen Stärken gefördert.

• Mit unterschiedlichen Erscheinungsformen von Diversität umgehen:

Unsere Gesellschaften werden immer vielfältiger. Menschen aus unterschiedlichen Ländern, mit unterschiedlichen kulturellen und sozialen Hintergründen und in unterschiedlichen Lebenssituationen treffen tagtäglich aufeinander. Diese Realität sollte sich auch in Jugendprojekten widerspiegeln.

• Non-Formales Lernen nutzen:

Non-Formales Lernen bezeichnet freiwillige Lernprozesse, die außerhalb des formalen Bildungswesens in Einrichtungen wie Schulen oder Universitäten stattfinden. Jugendprojekte können non-formale Lernerfahrungen als attraktive Möglichkeit vermitteln, sich Kompetenzen und grundlegende Fähigkeiten anzueignen. Davon profitieren insbesondere junge Menschen, die mit formaler Bildung und Lernen überfordert und dementsprechend gering qualifiziert sind, die Schule abgebrochen haben oder arbeitslos sind und durch den Erwerb neuer Fähigkeiten ihre Chancen auf einen Arbeitsplatz verbessern könnten.

• Langfristige Wirkung im Auge behalten:

Bei der Gestaltung und Organisation eines Inklusions- und diversitätsbezogenen Projekts soll auch die langfristige Wirkung im Auge behalten werden, wenn die Lebensverhältnisse junger Menschen mit geringeren Chancen verbessert werden sollen. Projekte sollten daher als Bestandteil eines längerfristigen Prozesses sozialer Veränderung für die jungen Menschen und ihr Umfeld betrachtet werden.

• Ganzheitlichen Ansatz sichern, Partnerschaften eingehen:

Kein junger Mensch (und kein*e Jugendarbeiter*in) ist eine Insel. Der Erfolg eines Projekts setzt voraus, dass es in einen größeren Kontext eingebunden wird und Schnittstellen mit seinem Umfeld aufweist. Durch die Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern kann ein Projekt erheblich mehr bewirken.

Wer ein Inklusionsprojekt plant und um Förderung bei Erasmus+ Jugend in Aktion ansuchen möchte, sollte bei der Budgetplanung schon sehr genau bedenken, wofür zusätzliche Gelder gebraucht werden. Für Inklusionsprojekte kann unter „Außergewöhnliche Kosten“ und/oder „Special Needs“ zusätzliches Fördergeld beantragt werden.

Special Needs

Unter „Special Needs“ kann um Fördergeld für Kosten angesucht werden, die aufgrund von chronischen gesundheitlichen Problemen bzw. einer körperlichen Beeinträchtigung eines/einer Projektteilnehmers*in anfallen, wie zum Beispiel:

• Kosten für Persönliche Assistenz / Betreuungskosten
• Die Anmietung von unterstützender Ausstattung (Rampen, spezielle Audio- oder Videounterstützung, Assistierende Technologien, etc.)
• Spezielle Reisegebühren
• Für das Projekt notwendige zusätzliche Krankenversicherung oder medizinische Unterstützung (betrifft keine regulären Behandlungen/Versicherungen/ etc.)
• Spezielles didaktisches Material (in Blindenschrift, vergrößerte Kopien, etc.)

Außergewöhnliche Kosten

Außergewöhnliche Kosten sind unter anderem gedacht für

• Vorbereitender Planungsbesuch (wenn es sich um ein Inklusionsprojekt handelt, ist dies auch bei EFD-Projekten möglich)
• Verstärkte Betreuung und spezielle Vorbereitungsmaßnahmen für benachteiligte Projektteilnehmer*innen
• Visakosten
• Reiseversicherung (wenn z.B. für Visa benötigt)
• Impfungen (wenn für die Reise benötigt)

Detaillierte Infos hierzu finden sich in unseren Tipps zur finanziellen Beantragung von Inklusionsprojekten

Projektbeispiele aus dem Bereich "Inklusion" sind auf der Seite mit Beispielprojekten zu finden.

Erasmus+ Inclusion and Diversity Strategy

Die Europäische Kommission hat im Dezember 2014 eine Inklusions- und Diversitätsstrategie veröffentlicht, die neben Definitionen und Maßnahmen auch ganz konkrete Projekte vorstellt. Diese Strategie steht unter folgendem zum Download bereit: http://ec.europa.eu/youth/library/reports/inclusion-diversity-strategy_en.pdf (PDF-File, englische Sprache, ca. 600 KB)

Angelehnt daran hat die Österreichische Nationalagentur eine Inklusionsstrategie entwickelt, die den nationalen Jugendbereich ansprechen soll.

Inclusion - A Compass to International Inclusion Projects

Eine sehr hilfreiche und übersichtliche Broschüre zum Thema Inklusion und wie inklusive Projekte im Jugendbereich gestaltet werden können, hat SALTO Inclusion herausgegeben. Zum Download hier: https://www.salto-youth.net/downloads/4-17-3141/InclusionAtoZ.pdf (PDF-File, englische Sprache, ca.3,8 MB)

Publikation: Different youth work approaches for different NEET situations

In dieser Publikation von SALTO Inclusion erfolgt einerseits eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Begrifflichkeit "NEETS", andererseits werden verschiedene Ansätze vorgestellt, wie Jugendarbeit hier präventiv agieren kann, damit junge Menschen nicht in eine „NEET Situation“ geraten bzw. was Jugendarbeit leisten kann, um junge Menschen in solchen Situationen zu unterstützen. Lesenswert und sehr praxisorientiert. Zum Download der Publikation geht es hier: https://www.salto-youth.net/downloads/4-17-3266/OnTrack.pdf (PDF-File, englische Sprache, 62 MB)

Ein kurzweiliges Promotionvideo, das die oben genannte Studie zusammenfasst, findet sich auf YouTube unter diesem Link: https://www.youtube.com/watch?v=V6rO7XL15_I&feature=youtu.be&noredirect=1

Salto Inclusion Research

Salto Inclusion hat einen spannenden Artikel zum Thema: „Wie es jungen Menschen mit geringeren Chancen im Europäischen Jugendprogramm ergeht“ veröffentlicht. Dazu wurden Daten aus den internationalen Forschungsergebnissen des RAY-Netzwerk herangezogen, ausgewertet und interpretiert. Ein erstaunliches Ergebnis der Studie: Die Wirkung einer internationalen Mobilitätserfahrung wird von Menschen mit geringeren Chancen weitaus positiver gewertet als von ihren Peers „ohne Benachteiligung“. Zum Artikel: https://www.salto-youth.net/downloads/4-17-3230/ImpactOfMobilityOnYPFO.pdf (PDF-File, englische Sprache, 870 KB)